15. April 2021 · 08:07
Tadeusz Dąbrowski
Der Putz fällt von den Mauern des Kapuzinerklosters,
gleichmäßig arbeiten die Meißel, geben keine Ruhe.
In meinem Land an der Weichsel setzen sie Jesus auf den Thron,
und ich lausche in dem Schweizer Städtchen, wie Blumen
erblühen, Banknoten rascheln, ich höre die Vogelstimmen
gegen die globale Erwärmung und den Putz, der
von den Mauern aus dem siebzehnten Jahrhundert fällt.
Drei alte Ordensschwestern kennen mich schon,
sie sind wie Brieftauben aus einer gelichteten Schar
während des letzten Fluges, haben Probleme mit dem Gehör
und wundern sich, als ich erkläre, ich könne nicht schlafen,
weil die Meißel gleichmäßig den Putz von den Mauern des Klosters
Maria Opferung aus dem siebzehnten Jahrhundert schlagen,
ein vermodertes Kreuzgerüst entblößend. Indessen geht über
meinem Land ein Regenbogen auf, eine fröhliche Menge trägt
in der Monstranz eine Vagina als Hostie, und von den Sockeln
stürzen die Denkmäler der Priester, die sich ins Paradies zu drängen
versuchten durchs Nadelöhr kindlicher After und Scheiden.
Vögelchen singen, und Bienchen sumsen in den Gärten
des Kapuzinerklosters in Zug, wo drei alte
Ordensschwestern geduldig auf die Berufung
in die Ewigkeit warten. Auf der Promenade am See, der
an den See Genezareth erinnert, spazieren mit geblähten
Bäuchen zukünftige Mütter. Eine Stunde von hier
sterben an einer Spritze mit Gift die lebensmüden
Eigentümer des Lebens. Die Renovierung zieht sich
schon drei Monate, ich kann nicht schlafen, obwohl die Schwestern
behaupten, die Meißel arbeiteten nur am Tag, gleichmäßig
den Putz von den Mauern des Klosters schlagend. Die Glocken
der leeren Kirchen läuten jede Viertelstunde, die Glocken an den
Kuh- und Schafshälsen läuten fast ununterbrochen. Ansonsten
Stille, der Trauerzug der Wolken, der erstickende Geruch
nach verblühenden Glyzinien und dem Putz der alten Mauern
des Kapuzinerklosters, das schon im nächsten Jahr wie neu
aussehen wird, glaubt man den Meistern und den drei
Ordensschwestern mit ihren verkalkten, zerbrechlichen Körpern.
Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall